Bayer AG / Charité / Norbert Ittermann

Gentherapie: Bayer-Tochter streicht Stellen

Die Herausforderungen in der Zell- und Gentherapie stellen auch die Branchengrößen vor Probleme. So muss nun die 100%ige Bayer-Tochter Blue Rock (USA), die in diesem Bereich forscht und entwickelt, Personal streichen und eine Niederlassung in Cambridge/Boston schließen.

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Die Bayer-Tochter BlueRock Therapeutics streicht 50 Stellen und hat angekündigt, ihre Forschungslabore in Cambridge, Massachusetts (USA), zu schließen. Künftig werde sich das Unternehmen stärker auf ausgewählte Entwicklungsprogramme konzentrieren, insbesondere auf die Parkinson-Therapie bemdaneprocel. Der Unternehmenssitz bleibe weiterhin formal in Cambridge, während die Forschung an den Standorten in New York und Toronto fortgesetzt wird.

Bemdaneprocel ist eine zellbasierte Therapie auf Basis pluripotenter Stammzellen, die in dopaminproduzierende Nervenzellen umgewandelt und chirurgisch ins Gehirn implantiert werden. Die Therapie befindet sich derzeit in einer zulassungsrelevanten Phase III-Studie zur Behandlung von Parkinson und gehört damit zu den wenigen krankheitsmodifizierenden Ansätzen in der klinischen Entwicklung für diese Erkrankung. Die Entscheidung, Personal abzubauen und das Portfolio zu straffen, sei notwendig, um Ressourcen auf die priorisierten Programme zu lenken, so das Unternehmen. Zudem sollen Zellbearbeitungs- und Immun-Evasionsplattformen sowie präklinische Projekte weiterentwickelt werden.

Neben bemdaneprocel will BlueRock die Entwicklung folgender Projekte priorisieren:

Die Umstrukturierung bei BlueRock steht exemplarisch für eine wachsende Konsolidierung innerhalb der Zell- und Gentherapiebranche. Trotz medizinischer Fortschritte kämpfen viele Unternehmen mit hohen Entwicklungskosten, regulatorischen Unsicherheiten und operativen Herausforderungen. Die lange Zeit gehypten Technologien müssen zunehmend wirtschaftliche Realitäten berücksichtigen, da das bisher reichlich geflossene Investorengeld nur mehr spärlich zu gewinnen ist, seit größere Unsicherheiten aus politischen und handelspolitischen Entwicklungen auch die innovative Gesundheitsindustrie indirekt oder direkt in Mitleidenschaft gezogen haben.

Auswirkungen auf die nationale Strategie in Deutschland?

Dass sich auch größere Akteure wie Bayer gezwungen sehen, Investitionsentscheidungen strenger zu priorisieren, kann man als eine reine Portfoliostrategie sehen, da auch eine weitere Bayer-Tochter (AskBio) eine Gentherapie bei Parkinson in Entwicklung hat. Vielleicht sollen in einer Art internem Wettrennen auch nur die Voraussetzungen auf ein gleiches Niveau getellt werden. Doch neben solchen internen Perspektiven kann die Entscheidung auch als ein Alarmsignal für den von vielen Start-ups und kleineren Biotechunternehmen geprägten Spezialsektor innerhalb der Therapeutikaentwickler gewertet werden. Der Rückzug von Standorten wie Cambridge – einem Zentrum biotechnologischer Innovation – signalisiert, dass selbst gut finanzierte Firmen die Balance zwischen ambitionierter Forschung und wirtschaftlicher Tragfähigkeit neu justieren müssen. Die Konzentration auf wenige, vielversprechende Programme gilt zunehmend als Voraussetzung, um im kapitalintensiven Umfeld der regenerativen Medizin langfristig bestehen zu können. Gleichzeitig ist auch nicht ganz klar, wie die hohe, bewusst ausgelöste Personalfluktuation in den US-Regulierungsbehörden gerade im Segment der Zell- und Gentherapeutika zu bewerten ist. Experten gehen zumindest von einigen Verzögerungen aus, bis neue Verantwortliche die Arbeit aufnehmen. Wie das Feld in der eher auf Kostenreduktion im Gesundheitswesen zielenden neuen Trump-Administration insgesamt in Zukunft angesehen werden wird, steht ebenfalls noch nicht fest.

Während der US-Standort von Bayer eine gewisse Schwächephase durchlebt, setzt das Unternehmen weiterhin auf den Ausbau und die Erweiterung des Kompetenzzentrum für Zell- und Gentherapie in Deutschland, in der Hauptstadt Berlin. Dort waren bisher der Bund wie auch die Stadt Berlin finanzielle Förderer eines solchen Ausbaus und der Schwerpunktsetzung (im Foto vom Juni 2024: v.l.: Ina Czyborra, Franziska Giffey, Prof. Karl Lauterbach, Olaf Scholz, Prof. Heyo K. Kroemer, Astrid Lurati, Kai Wegner, Judith Pirscher, Stefan Oelrich), die mit einer „nationalen Strategie“ flankiert werden sollte. Ob die neue Bundesregierung in den aktuellen Haushaltsplanungen all die früheren Versprechen und Programme fortführt, ist unter dem Gesichtspunkt von großen Konsolidierungsanstrengungen der neuen Regierung jedoch auch noch nicht ausgemacht.

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